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Hier finden Sie Erhaltungskulturen von mehr als 600 Arten in über 3.000 Akzessionen. Zu den 113 fett gedruckten Arten informieren wir ausführlich über Biologie, Kulturansprüche, haltende Gärten/Einrichtungen und Wiederansiedlungen.
Pflanzenfamilie: Vitaceae (Weinrebengewächse)
Art | Vitis vinifera subsp. sylvestris |
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Verbreitung | Europa (BG Karlsruhe 2012), in Deutschland nur im nördlichen Oberrheingebiet (Oberdorfer 1990, Sebald et al.) |
Verbreitungskarte | keine Angabe |
Höhenverbreitung | Hügelland (Oberdorfer 1990) |
Natürlicher Standort | Bruch- und Auenwälder (Hauptvorkommen) (floraweb.de 2011); auf frischen, nährstoff- und basenreichen (kalkhaltigen), tiefgründigen, sandigen oder reinen Lehm- oder Tonböden (verbraunte Auenböden) (Oberdorfer 1990)
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Mykorrhizierung | keine Angabe |
Beschreibung der Pflanze | 5-40 m, holzige Liane mit Ranken, Pfl verzweigt, Borke älterer Zweige längsfaserig, Haftscheiben fehlend, Laubblätter handfg gelappt, 3-5-zählig, im Umriss rundl., mit weiter Stielbucht, Fruchtstand locker rispig, Beeren ca 5-7(-10) mm br, meist blauschwarz, sich nicht berührend, Samen 4,9-5,7 mm lg, meist zu 3, rundl. herzfg (floraweb.de 2011)
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Lebensform | Nanophanerophyt, Phanerophyt, Liane, sommergrün (floraweb.de 2011)
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Lebensdauer | ausdauernd (biolflor.de 2011)
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Samenbank | keine Angabe |
Blütezeit | Ende Frühsommer (floraweb.de 2011)
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Bestäubung durch | Wind, Insekten (Bienen, Fliegen, Käfer) (BioPop, zit. nach bayernflora.de 2012); Selbst (biolflor.de 2011)
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Kompatibilität | Vitis vinifera s.l.: selbstkompatibel (biolflor.de 2011)
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Blütenbiologie | Pflanze diözisch, Blüten homogam (biolflor.de 2011)
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Ploidie | Vitis vinifera s.l.: n=19, 2n=38 (biolflor.de 2011)
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Frucht | Beere (biolflor.de 2011)
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Samenreife | keine Angabe |
Samengröße | Vitis vinifera s.l.: 6,1 x 3,8 x 2,5 mm (biolflor.de 2011)
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Samengewicht | durchschnittliches Tausendkorngewicht: 31 g (Royal Botanic Gardens Kew 2008) |
Samenmorphologie | keine Angabe |
Samenausbreitung | Vogelverbreitung (Oberdorfer 1990); Vitis vinifera: Verdauungsausbreitung durch Schafe (BioPop, zit. nach bayernflora.de 2012)
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Reproduktion | Vitis vinifera s.l.: generativ (biolflor.de 2011)
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Gefährdung | zentral-europaweit gefährdet (floraweb.de 2011)
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Rote Liste Deutschland | vom Aussterben bedroht (1) (floraweb.de 2011)
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Gefährdungsursachen | Ausbleibende natürliche Walddynamik (floraweb.de 2011); Falscher Mehltau (BG Karlsruhe 2012)
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Pflegemaßnahmen | keine Angabe |
Schutzstatus | streng geschützt (floraweb.de 2011)
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Verantwortlichkeit | Deutschland hat mittlere Verantwortlichkeit (Welk 2002, floraweb.de 2011)
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Sonstiges | schon jungsteinzeitliche (neolithische) Nutzung nachgewiesen (Oberdorfer 1990) |
Art | Vitis vinifera subsp. sylvestris |
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Kultur | aufwändig |
Wasserbedarf | bei Topfkultur hoch (BG Karlsruhe: J. Daumann); feuchter Boden wird benötigt (Cheers 2003, Angaben nur zur Gattung) |
Nässeempfindlichkeit | nein (BG Karlsruhe: J. Daumann); ja, gut dranierter Boden wird benötigt (Cheers 2003, Brickell 2000, Angaben jeweils nur zur Gattung) |
Dürreempfindlichkeit | ja (BG Karlsruhe: J. Daumann) |
pH-Spezifik | relativ unempfindlich, leicht sauer bis basisch (BG Karlsruhe: J. Daumann); neutral bis schwach alkalischer Boden (Brickell 2000, Angaben nur zur Gattung) |
Substratspezifik | Topfkultur in üblichen TKS möglich (BG Karlsruhe: J. Daumann); humusreicher Boden (Cheers 2003, Brickell 2000, Angaben jeweils nur zur Gattung) |
Nährstoffbedarf | hoch, Flüssigdüngung beim Austrieb ist möglich und vorteihaft (z.B. Aminosol) (BG Karlsruhe: J. Daumann) |
Nährstoffempfindlichkeit | gering (BG Karlsruhe: J. Daumann) |
Temperaturansprüche | braucht kalte Winter und mäßige Sommer (Cheers 2003, Angaben nur zur Gattung) |
Lichtbedarf | halbschattiger bis vollsonniger Standort (BG Karlsruhe: J. Daumann); volle Sonner oder Halbschatten (Cheers 2003, Brickell 2000, Angaben jeweils nur zur Gattung) |
Schädlingsprobleme | Die Anfälligkeit für Milbenbefall bei und kurz nach dem Austrieb ist relativ hoch, mit Befall von Echtem und Falschem Mehltau ist auf jeden Fall zu rechnen, und bedarf bei Topf- oder Beetkultur möglichst vorbeugender Behandlung, bei im Freien offen und alleine stehenden Pflanzen ist die Gefahr der Infektion nicht so hoch, bei Kultur im Gewächshaus kann Falscher Mehltau vermieden werden, wenn die Blätter trocken bleiben, also nur in den Topf gießen, für eine Infektion über die Spaltöffnungen auf der Blattunterseite sind Wärme (>15°C), Feuchtigkeit und Dunkelheit(!) nötig (BG Karlsruhe: J. Daumann); Echter Mehltau, Hallimasch (Brickell 2000, Angaben nur zur Gattung) |
Vermehrung durch | Aussaat, Grünstecklinge oder Steckholz ganzjährig, Wintermonate schwierig, kräftige, noch nicht verholzende, ca. 10cm+ lange Grünstecklinge eignen sich gut zur Vermehrung, beste Zeit im Gewächshaus etwa von Februar bis Ende Sommer, steigen die Temperaturen allerdings im Gewächshaus über 30°C, wird die Bewurzelung schwierig (BG Karlsruhe: J. Daumann) |
Keimungsansprüche | Stratifikation wenige Monate alter Kerne in feuchtem Sand im Kühlschrank, Aussaattemperatur über 20°C, Abdeckung der Kerne mit Sand, bringt hohe Keimrate (BG Karlsruhe: J. Daumann) |
Keimungszeit | nach Stratifikation 2 - 4 Wochen (BG Karlsruhe: J. Daumann) |
Hybridisiert mit | Kulturweinen (BG Karlsruhe: J. Daumann) |
Kritische Lebensphasen | im Freien bei Austrieb wegen Frostgefahr und möglichem Befall mit Milben (BG Karlsruhe: J. Daumann) |
Sonstiges | Die Reben wachsen in den Sommermonaten sehr schnell und benötigen bei Beet- oder Topfkultur eine Kletterhilfe bzw. einen Stab zum Anbinden und häufigen Rückschnitt (BG Karlsruhe: J. Daumann) |
Botanische Gärten Bonn | |||||
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IPEN | Level | Zugang | Herkunft | Wiederans. | Web |
DE-0-UNKAR-051213 | 1 | 2008 | Baden-Würthemberg, Rheininsel Ketsch gegenüber Speyer, männlich | ||
DE-0-UNKAR-991216 | 1 | 2008 | Baden-Würthemberg, Rheininsel Ketsch gegenüber Speyer, weiblich |
Botanischer Garten Frankfurt am Main | |||||
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IPEN | Level | Zugang | Herkunft | Wiederans. | Web |
DE-1-UNKAR-2012-1468 | 1 | 2012 | Baden-Württemberg, Ketsch | ||
DE-0-FRT-2009/387 | 1 | 1961 | Baden-Württemberg, Ketsch | ||
DE-1-UNKAR-2012-1404 | 1 | 2012 | Baden-Württemberg, Ketsch |
Situation in Deutschland
Der Fortbestand der Europäischen Wildrebe (Vitis vinifera subsp. sylvestris (C.C. GMEL.) HEGI) ist in Deutschland extrem gefährdet. Gemäß einer vom WWF-Auen-Institut durchgeführten Untersuchung existierten 2011 nur noch 200 echte Europäische Wildreben (95 natürlich verjüngte echte Wildreben und 105 gepflanzte echte Wildreben). Bei weiteren gefundenen "Wildreben" handelt es sich um interspezifische oder intraspezifische Hybriden, die dringend entfernt werden müssen, um eine weitere Generosion der mitteleuropäischen Wildrebe zu vermeiden (Ledesma-Krist et al. 2013).
Durch den Wiederaufbau überlebensfähiger, ausreichend heterozygoter Populationen an ausgewählten Standorten in primären Habitaten und durch reproduktive Vernetzung der Standorte soll die Fortsetzung evolutiver Anpassungsprozesse für Vitis vinifera subsp. sylvestris wieder ermöglicht werden (Ledesma-Krist et al. 2013). Eine umfassende Ex-situ-Bestandssicherung flankiert hierbei die In-situ-Schutzmaßnahmen.
Ex-situ-Lebendsammlungen
Aktuell sind 80 Genotypen (74 Genotypen der Wildrebenpopulation auf der Insel Ketsch, 2 Genotypen der Mannheimer Reißinsel, 2 Genotypen aus der Hördter Rheinaue, 1 Genotyp Römerberg und 1 Genotyp Colmar (Elsass)) ex situ im Botanischen Garten des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT)/ Versuchsanstalt des Joseph Gottlieb Kölreuter Instituts für Pflanzenwissenschaften, im Botanischen Garten der Philipps-Universität Marburg und im Institut für Rebenzüchtung des Julius-Kühn-Instituts in Siebeldingen gesichert (vgl. Anhang in Kowarsch et al. 2019).
Für Wiederansiedlungen bzw. bestandsstützende Maßnahmen können der Botanische Garten der Philipps-Universität Marburg und das Joseph Gottlieb Kölreuter Institut für Pflanzenwissenschaften des KIT Pflanzen zur Verfügung stellen. Es handelt sich um verifizierte (genotypisierte) echte Wilde Weinreben.
Bei einer in Deutschland so seltenen Art wie der Wilden Weinrebe wird die Bedeutung von Lebendsammlungen in Botanischen Gärten deutlich: Ein auf der Insel Ketsch 1961 gesammeltes Wildreben-Individuum, welches ausschließlich im Botanischen Garten Frankfurt überdauerte, erwies sich nach genetischer Überprüfung als Unikat. Die Wildrebe DE-0-FRT-2009/387 wurde vegetativ vermehrt und ist mittlerweile Teil der Ex-situ-Sammlungen in Karlsruhe und Marburg und steht für In-situ-Erhaltungsmaßnahmen zur Verfügung. Damit konnte die für Wiederansiedlungen bzw. Bestandsstützungen zur Verfügung stehende "rheinische Wildrebenpopulation" um mehr als 1% erweitert werden.
In-situ-Maßnahmen: Wiederansiedlung und Bestandsstützung
Auf dem Kühkopf hat die Botanische Vereinigung für Naturschutz in Hessen (BVNH) in Zusammenarbeit mit HessenForst 2013 begonnen, die im hessischen Oberrheingebiet in den 1940er Jahren erloschenen Wildrebenbestände im heutigen Naturschutzgebiet "Kühkopf-Knoblochsaue" wieder zu etablieren. 2013 wurden hierzu 121 im Botanischen Garten des KIT angezogene Wildreben auf dem Kühkopf wieder angesiedelt (Angersbach et al. 2018). An den Wiederansiedlungsstandorten war der Wühldruck durch Wildschweine unerwartet hoch. 2015 lebten auf dem Kühkopf noch 63% der 2013/2014 ausgepflanzten Wilden Weinreben; die meisten der ausgefallenen Pflanzen waren durch Wildschweine geschädigt worden. 2016 wurden auf dem Kühkopf weitere 551 im Botanischen Garten Marburg angezogene Wilde Weinreben in Kooperation mit HessenForst ausgepflanzt (Kowarsch et al. 2019). Aufgrund der starken Trockenheit in den Jahren 2018 bis 2020 und einer sehr starken Wildschwein-Wühltätigkeit, waren die Wildreben-Verluste in den Folgejahren enorm. Auf dem Kühkopf lebten 2023 noch 28 Wilde Weinreben (Niederl 2024). Daher wurde auf dem Kühkopf im Jahr 2023 eine weitere Auspflanzungsmaßnahme in Zusammenarbeit mit dem Botanischen Garten Marburg und HessenForst durchgeführt.
Im Altrhein-Bereich des Kühkopfes (Übergang Hartholzaue-Weichholzaue) wurden im Oktober 2023 an 47 Standorten 157 Wildreben (je Standort ein Genotyp) gepflanzt. Die Pflanzung wurde gärtnerisch flankiert. Die Vegetation wurde an den Pflanzstandorten entfernt, der Boden aufgelockert, mit Schafwollpellets gedüngt und die gepflanzten Wilden Weinreben eingefriedet (Eichenpfähle mit wildschweinsicherem Zaun). Im Sommer 2024 konnten hier noch 92 Wilde Weinreben gefunden werden (Überlebensrate von 52%).
Weitere Wiederansiedlungen fanden am Lingenfelder Altrhein (10 Reben) sowie im Naturschutzgebiet "Schwarzwald" (46 Reben) statt. Bestandsstützende Maßnahmen wurden im Naturschutzgebiet Hördter Rheinaue am Leimersheimer Altrhein (39 Reben) sowie im Naturschutzgebiet "Flotzgrün" (22 Reben) durchgeführt.
Grundsätzlich ist vor einer Wildreben-Bestandsstützung zu klären, ob alle vorhandenen vermeintlichen Wildreben auch echte Wildreben sind. Ansonsten ist wegen der Gefahr genetischer Introgression eine Bestandsstützung in Frage zu stellen. Bei Wiederansiedlungen ist zu prüfen, ob und wie verhindert werden kann, dass sich Kulturreben oder Amerikanische Wildreben aus der näheren Umgebung einkreuzen können.